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 Dr. Andreas Dressel, Senator der Freien und Hansestadt Hamburg 

Dr. Andreas Dressel, Senator der Freien und Hansestadt Hamburg

 Hergen Riedel  Club  1  07.03.2024

Dr. Andreas Dressel, Senator der Freien und Hansestadt Hamburg, Präses der Finanzbehörde, im Seemannsclub: "Eine ganz starke Botschaft"

In Hamburg ist er der Herr des Geldes: Andreas Dressel, Doktor der Juristerei, ist seit 2018 ty-pisch hanseatisch "Präses der Finanzbehörde". Ein Titel, den es weltlich, politisch - außerhalb von Weihrauch und Lutherbibel ? nur in Hamburg gibt. Vielleicht war es diese nur begriffliche Nähe des Amtes, wohl eher aber der Krieg in der Ukraine, der Andreas Dressel im Clubraum der Stille fast andächtig werden ließ. Er hielt inne vor der übergroßen Weltkugel Plastik aus geschmiedetem Stahl, in dem ein Peace Fähnchen dort steckt, wo Krieg ist. Im Raum der Stille sind (fast) alle Welt Religionen mit ihren Symbolen friedlich versammelt. Andreas Dressel: "Ein ganz starkes Zeichen."

Als "Zeichen" für Seefahrt, Hafen und hanseatischen Wohlstand verstand Andreas Dressel denn auch den Club. Damit habe Hamburg gegenüber anderen Häfen einen "Standortvorteil" (Clubleiter Sören Wichmann). Und Andreas Dressel schätzt das, weil er weiß: Die von ihm verwaltete Schatul-le füllt sich auch durch die Arbeit und Arbeiter im Hafen und auf den Schiffen. Er weiß, dass so ein Standortvorteil nicht gratis zu haben ist. Und weil er das weiß, macht er sich im Kamingespräch mit Papier und Bleistift daran, kleine Finanzierungsideen auszuklügeln.

Kreativ Dabei zeigt er sich keineswegs rein sachlich wie die Neue Juristische Wochenschrift, sondern krea-tiv. Die Ideen sprudeln. "Ein bisschen ist man als Finanzsenator immer auch Fundraiser." Apropos Springbrunnen. Weil das Cruise Center von der Sprinkenhof GmbH verwaltet wird und die Se-afarers´ Lounge hier residiert, notiert sich Andreas Dressel das in seine Kladde. Er ist eben auch Jurist, akkurat. Und er ist Aufsichtsratsvorsitzender bei Sprinkenhof. Und als die Rede war von den angemieteten Dienstwohnungen der Bundesfreiwillige Dienstlern im Club, fiel ihm spontan ein: "Wie hoch ist die Miete? Da können wir vielleicht was machen. Wir haben Häuser in Moorburg und Neuenfelde. Oder ich frag´ bei Fördern und Wohnen (Sozialunternehmen der Stadt)." Es geht ihm darum, den Club auf sicheren Boden zu stellen.

Hintergrund
Auch ein ökumenisch und nicht ökonomisch ausgerichteter Seemannsclub braucht angesichts des Personals und anderer Ausgaben ein verlässliches Budget. Dressel kennt das. Er ist Verhandlungs-führer der Tarifgemeinschaft deutscher Länder und mit den Tarifforderungen kon-frontiert. Im Club bleibt dieses Thema außen vor. Auch im Club wird nach Tarif bezahlt. Auch hier bedeutet das steigende Personalkosten. Das macht einen dauerhaften Geldstrom so nötig.

Strukturell Dressel nennt ihn "strukturelle Finanzierung". Dass der Seemannsclub damit beim Senat auf offene Ohren (und Taschen) stößt, zeigt die Unterstützung im vergangenen Jahr. "Das Verhältnis zur Stadt, zur Wirtschaft und zur Sozialbehörde ist gut." Hier klappt die ?Primärkommunikation? mit den Se-natorinnen. Beide finden den Club gut, sagt Dressel. Er ist klein, aber exotisch und wertig, eine "Orchidee in der Förderlandschaft der Stadt." Und das Verhältnis zu den Reedern? Er hört. Das sei auch gut. Aber es könne immer besser werden, auch mit Blick auf die freiwilligen Schiffsabgaben. Die seien tragbar angesichts der zuletzt doch sehr guten Gewinne der Reedereien. Auch hier weiß Dressel, wovon die Rede ist. Hamburg ist Großaktionär von Hapag-Lloyd. Die, die in der Wert-schöpfungskette viel verdienen, könnten doch einen kleinen Teil für den Club abzweigen. "Ein minimaler Promillebetrag im Verhältnis zu den Erlösen."

Und bald könnte die Schweizer Großreederei MSC mit im Boot sein. Dressel denkt nach und das verheißt wieder Gutes: "Partner der Stadt können doch gut auch Partner der Seemannsmission sein." Auch die von Hamburg so geförderte Kreuzfahrt-Branche bekommt eine Notiz in Dressels to-do-Kladde. Für Cruise-Lines sei der gezahlte Betrag von 200 Euro pro Anlauf doch wenig. Dressel erinnert an den Deutsche Bank-Chef Hilmar Kopper und sagt "Peanuts." Doch der Senator ist kein selbstvergessener Banker, sondern Jurist und ehrbarer Finanzmann zu Hamburg. Er rechnet und sieht die Vorteile, die ein Club für Container wie Kreuzfahrt bringt: "Ein zufriedener Seemann ist ein guter Seemann." Hilfe für Arbeitnehmer, die "treibt mich auch als Sozialdemokrat um".

Win-Win
Abgaben sind keine Almosen, sondern Hilfen oder sogar ein win-win Geschäft für Club und Ree-der. Dem einen hilft´s, und der andere kann es sich werblich auf die Fahne schreiben. Dressel ist auch Pragmatiker: "Wenn Reederei nicht nur in Partikelfilter investieren sondern auch in Hilfen für Seeleute, passt das in jeden Nachhaltigkeitsbericht." Oder umgangssprachlich: Unternehmen kön-nen sich bilanzieren lassen, was sie als barmherzige Samariter tun. Gutes tun und darüber reden. Zum Beispiel mit Empathie-Aktie helfen. Sie geht an die, die sich mit 5.000, 10.000 Euro oder mehr pro Jahr als Pate des Clubs auszeichnen. Das hilft "zur Selbstvergewisserung der Spender" ,sagt Dressel.

Reedereien können schwarz auf weiß im CSR Reporting aufzeigen, wie ihr Kurs Richtung Nachhal-tigkeit aussieht. Wer den Club unterstütze, engagiere sich für soziale Nachhaltigkeit (sustainability). Damit war eine Frage zu Beginn des Kamingesprächs beantwortet: Wie sieht die Cash Flow Kalku-lation bei Euch aus? Der Club muss passen, wenn es um die Produktion materieller Werte geht. Der Seemannsclub schafft immaterielle, ethische Werte wie Zufriedenheit. Das lässt sich ummün-zen in den Standortvorteil für Hamburg. Apropos Münze. Dressel nimmt die Idee mit, zum 40jährigen Jubiläum des Clubs eine Gedenkmünze zu prägen. Dressel ist kreativ und auch Herr der Hamburger Münze, älteste deutsche Münzprägeanstalt und Landesbetrieb der Finanzbehörde: "Mal schauen, was da geht!?"